Fahrgastrechte bei Verspätung & Ausfall von Bus, Bahn und Flug

Von Vitali U.

Letzte Aktualisierung am: 8. März 2024

Geschätzte Lesezeit: 7 Minuten

Die EU-Fahrgastrechte für den Fernbus gelten erst ab Strecken von mehr als 250 km.
Die EU-Fahrgastrechte für den Fernbus gelten erst ab Strecken von mehr als 250 km.

Ob auf dem Weg zur Arbeit oder in den Urlaub: Um von A nach B zu kommen, nutzen wir gerne öffentliche Verkehrsmittel und möchten uns auch auf deren Pünktlichkeit verlassen. Aber Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste: Was ist, wenn das Flugzeug Verspätung hat, der Bus im Stau steht oder der Anschlusszug vor der Nase wegfährt? Welche Fahrgastrechte bestehen im Nahverkehr oder auf einer weiten Reise über Ländergrenzen hinweg?

Innerhalb der EU wurden die Fahrgastrechte mithilfe einer Verordnung etwas vereinfacht, sodass im Falle von Verspätung, Streik und Ausfall jeder Fahrgast weiß, was ihm zusteht und wo er seine Rechte geltend machen kann.

Es kommt allerdings darauf an, welches Beförderungsmittel Sie nutzen. Es gibt die Fahrgastrechte für den Flug-, Bus-, Bahn-, und Schiffsverkehr. In diesem Ratgeber möchten wir uns auf die ersten drei Verkehrsmittel konzentrieren. Wir sagen Ihnen, welche Fahrgastrechte Sie haben und wie Sie diese im Ernstfall geltend machen.

Welche Fahrgastrechte haben Sie in Bus, Bahn und Flugzeug?

Fahrgastrechte: 60 nicht 30 Minuten Verspätung können eine (anteilige) Erstattung bei der Bahn rechtfertigen.
Fahrgastrechte: 60 nicht 30 Minuten Verspätung können eine (anteilige) Erstattung bei der Bahn rechtfertigen.

Größtenteils wurden die Fahrgastrechte innerhalb der EU vereinheitlicht bzw. vereinfacht. Weil bei den meisten Reisen doch Grenzen überschritten werden, war es wichtig, europaweit zu klären, wer wann für welche Verspätungen oder Ausfälle haften muss.

Deshalb wurden die Fahrgastrechte durch ein Gesetz bzw. eine europäische Verordnung festgelegt. Je nach Verkehrsmittel sind folgende Gesetze relevant:

  • Zug: Allgemeines Eisenbahngesetz (AEG), Eisenbahn-Verkehrsverordnung (EVO), Verordnung (EG) Nr. 1371/2007 des Europäischen Parlaments (Rechte und Pflichten der Zugfahrgäste)
  • Bus: EU-Fahrgastrechte-Kraftomnibus-Gesetz (FahrRBusG), Verordnung (EU) Nr. 181/2011 des Europäischen Parlaments (Rechte und Pflichten der Busfahrgäste),
  • Flug: Verordnung (EU) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments (Fluggastrechte), Verordnung (EU) Nr. 889/2002 des Europäischen Parlaments (Haftung von Flugunternehmen bzgl. der Beförderung von Fluggästen und Gepäck).
Interessantes zum Thema Fahrgastrechte: Eine Reservierung des Sitzplatzes bei der Bahn verfällt für gewöhnlich nach 15 Minuten. Sie sollten den Platz deshalb zügig nach Abfahrt des Zuges einnehmen, sonst kann sich ein anderer Fahrgast dort völlig legitim hinsetzen.

Fahrgastrechte im Eisenbahnverkehr

Fahrgastrechte: Eine Sitzplatzreservierung in der Bahn kann nach 15 Min. verfallen, wenn Sie den Platz nicht einnehmen.
Fahrgastrechte: Eine Sitzplatzreservierung in der Bahn kann nach 15 Min. verfallen, wenn Sie den Platz nicht einnehmen.

Betrachten wir zunächst die Fahrgastrechte im Regionalverkehr: Anschluss verpasst, Verspätungen oder Streik – in welchen Fällen muss das Eisenbahnunternehmen das Ticket erstatten? Innerhalb der EU gelten für 28 Mitgliedstaaten (ausgenommen Malta, Zypern und Norwegen) folgende Fahrgastrechte:

  • Verspätung: Die EU-Fahrgastrechte räumen bei 1 Stunde Verspätung eine Erstattung von 25 Prozent des Ticketpreises ein. Ist der Zug sogar mehr als 2 Stunden zu spät, können Sie 50 Prozent des Fahrpreises erstattet bekommen. Wurden Sie allerdings noch vor dem Kauf des Fahrscheins auf die Verspätung hingewiesen, können Sie keine Entschädigung geltend machen.
  • Fahrgastrechte bei Zugausfall: Wird die Fahrt annulliert, wird Ihnen je nach Fall entweder der gesamte Fahrpreis oder nur der für die ausgefallene Teilstrecke erstattet. Normalerweise können Sie dann entweder eine Rückfahrt, eine alternative Weiterfahrt (z. B. den nächsten Zug) sowie bei längeren Wartezeiten bis zum Anschluss Verpflegung und ggf. Übernachtung erstattet bekommen.
  • Gepäck: Haben Sie ein Gepäckstück bei der Beförderung aufgegeben und dieses wird beschädigt oder geht verloren, können Sie eine Entschädigung von 330 Euro pro Gepäckstück erhalten. Können Sie nachweisen, dass Gegenstände von höherem Wert darin waren, beläuft sich die Entschädigungssumme sogar auf 1.300 Euro. Sollte sich ein Unfall mit dem Zug ereignen, kann für das verlorene oder beschädigte Gepäck eines zu Schaden gekommenen Fahrgastes (Verletzung oder Tod) eine Entschädigung von bis zu 1.500 Euro geltend gemacht werden.
  • Unfall: Die Fahrgastrechte beinhalten sogar eine Entschädigungssumme für Personenschäden. Sollte ein Fahrgast bei einem Zugunglück sterben, können Angehörige mindestens 21.000 Euro Vorauszahlung (innerhalb von 15 Tagen nach dem Unfall) erhalten.
Welche Fahrgastrechte gelten bei „Zug-zum-Flug“-Angeboten? Viele Reiseveranstalter bieten Kombinationen aus Flug- und Zugtickets an. Damit ist also auch der Zug zum Flughafen bereits inbegriffen. Hat dieser dann Verspätung und verpasst der Fahrgast den Flug, haftet der Reiseveranstalter. Gehört der Zug nicht zum Paket und wurde privat hinzugebucht, haftet der Fahrgast selbst und nicht etwa das Bahnunternehmen.

Fahrgastrechte im Bus & Fernbus

Fahrgastrechte: Wie lange müssen Sie warten, bis Sie eine Entschädigung fordern können?
Fahrgastrechte: Wie lange müssen Sie warten, bis Sie eine Entschädigung fordern können?

Gelten für Bus und Bahn dieselben Fahrgastrechte? Hat der Bus 60 min. Verspätung steht Ihnen keine Erstattung von 25 Prozent zu. Die Wartezeiten und Entschädigungen gestalten sich hier etwas anders. Dabei muss zunächst klargestellt werden, dass die EU-Fahrgastrechte nicht unbedingt für den Nahverkehr in europäischen Städten gelten, sondern sich auf den Fernverkehr beschränken. Ob die Verordnung auch regional umgesetzt wird, können die Länder selbst entscheiden.

Daher gehen wir zunächst auf die Fahrgastrechte im Fernbusverkehr ein. In den letzten Jahren hat sich dieser auch in Deutschland immer mehr etabliert und längst wurden deshalb auch die Fahrgastrechte für Reisende mit dem Fernbus gestärkt. Grundsätzlich gilt: Diese Fahrgastrechte gelten nur ab Strecken über 250 km.

Im Vergleich zum Schienenverkehr werden Fahrgästen in Fernbussen längere Wartezeiten zugemutet, ehe eine Erstattung in Aussicht gestellt wird. Sollte eine Fahrt gestrichen werden oder der Bus sich um mehr als zwei Stunden verspäten, haben Sie folgende Fahrgastrechte:

  • Kostenerstattung für eine Rückfahrt (wenn Sie Ihren ursprünglichen Reisezweck nicht mehr erfüllen können)
  • Alternative Weiterfahrt (wenn die Reisebedingungen vergleichbar sind), ohne zusätzliche Kosten tragen zu müssen.
  • Bei Ausfall oder 90-minütiger Verspätung einer Fahrt von mehr als 250 km und mindestens drei Stunden geplanter Fahrtzeit, beinhalten die Fahrgastrechte auch Erstattung von Snacks oder Erfrischungen und ggf. von bis zu zwei Übernachtung (bei max. 80 Euro pro Nacht). Letzteres kann nur geltend gemacht werden, wenn die Verspätung nicht auf außergewöhnliche Umstände (z. B. extreme Wetterbedingungen) zurückzuführen ist.
  • Sollte sich während der Fernreise ein Unfall ereignen, haben Betroffene außerdem Anspruch auf Erste Hilfe, Kleidung, Unterkunft, Weiterbeförderung zur Unterkunft und Nahrung sowie Entschädigung für Verletzungen oder beschädigtes Gepäck.
Sollten Sie gar nicht erst über die Wahl der Kostenerstattung bei Rückfahrt und Weiterfahrt aufgeklärt werden, können Sie ggf. Beschwerde einlegen und eine Erstattung von bis zu 150 Prozent des Fahrpreises fordern.

Räumen Fahrgastrechte bei einer Flugverspätung Erstattung ein?

Fahrgastrechte: Hat der Flug mind. drei Stunden Verspätung, haben Sie Anspruch auf Entschädigung.
Fahrgastrechte: Hat der Flug mind. drei Stunden Verspätung, haben Sie Anspruch auf Entschädigung.

Die EU-Fahrgastrechte sehen eine Entschädigung vor, wenn der Flug ersatzlos gestrichen und der Fluggast nicht mindestens 14 Tage im Voraus darüber informiert wurde. Sie können in solchen Fällen entweder eine vergleichbare Weiterreise oder eine Erstattung des Flugpreises verlangen.

Außerdem gelten die Fahrgastrechte, wenn der Flug sich verspätet. Bei mindestens drei Stunden Verspätung haben Sie einen Anspruch auf Entschädigung. Allerdings gilt auch hier: Liegt der Grund der Verspätung in außergewöhnlichen Umständen wie z. B. einem Unwetter, haben Sie keinen Anspruch auf Entschädigung.

Verspätet sich der Flug um fünf Stunden oder mehr, können Sie sich von der Fluggesellschaft den Preis des ursprünglichen Fluges sowie einen vergleichbaren Rückflug erstatten lassen. Je nach Wartezeit sollten außerdem Kosten für Erfrischungen, Mahlzeiten, Unterkunft und ggf. Kommunikation (z. B. Telefonanrufe) in angemessenem Rahmen erstattet werden – falls die Fluggesellschaft all dies nicht selbst zur Verfügung stellt.

Betrachten die EU-Fahrgastrechte einen Streik als außergewöhnliche Umstände? Tatsächlich lassen die europäischen Vorschriften eine solche Einordnung zu. Für Fluggäste bedeutet das: Wird der Flug aufgrund eines Streiks annulliert oder verspätet sich, muss die Fluggesellschaft ggf. keine Entschädigung leisten. Um diese kommt sie aber nur herum, wenn wirklich ein Zusammenhang zwischen der Annullierung und dem Streik besteht und nachweislich keine der zumutbaren Maßnahmen die Stornierung vermeiden hätte können.

Wie und wo mache ich meine Fahrgastrechte geltend?

Wie funktioniert die Geltendmachung der Fahrgastrechte beim Handyticket? Fügen Sie einfach die Buchungsbestätigung bei.
Wie funktioniert die Geltendmachung der Fahrgastrechte beim Handyticket? Fügen Sie einfach die Buchungsbestätigung bei.

Das „Wie“ und „Wo“ hängt in erster Linie davon ab, um welche Reise es sich handelt. Im Regionalverkehr bzw. innerhalb Deutschlands müssen Sie sich für Entschädigung direkt an den Anbieter (z. B. das Busunternehmen) wenden. Die Bahn hat dafür eigens ein Formular, welches online zur Verfügung steht, jedoch noch postalisch verschickt werden muss.

Diesem ist die Fahrkarte im Original beizulegen. Geht es um die Fahrgastrechte bezüglich einer Monatskarte, können Sie auch eine Kopie beilegen. Doch was ist mit der Geltendmachung der Fahrgastrechte, wenn ein Online-Ticket vorliegt? In diesem Fall können Sie die Buchungsbestätigung, die Sie per E-Mail erhalten haben, beifügen.

Die EU-Fahrgastrechte bestimmen, dass das Bahnunternehmen die Anfrage auf Entschädigung innerhalb eines Monats bearbeiten muss. Bei Reisen über die deutschen Grenzen hinaus kann es natürlich sein, dass ein anderes Bahnunternehmen zuständig ist.

Damit kein Durcheinander bei etwaigen Entschädigungsansprüchen entsteht, hat jeder Mitgliedsstaat eine Durchsetzungsstelle für Fahrgastrechte eingerichtet. In Deutschland ist das das Eisenbahn-Bundesamt (EBA) (gilt nicht nur für den Zugverkehr). Auch hier finden Sie ein Formular, um eine Erstattung geltend zu machen oder Beschwerde einzureichen.

Sie sind bereits mit dem jeweiligen Unternehmen in Verbindung getreten, konnten jedoch nichts erreichen? In diesem Fall ist auch eine Beschwerde bei der European Consumer Centres Network (ECC-Net), das heißt, der europäischen Verbraucherzentralemöglich. In Deutschland heißt diese Europäisches Verbraucherzentrum.

FAQ: Fahrgastrechte

Bekomme ich eine Erstattung, wenn mein Zug ausfällt?

Ja. In der Regel bekommen Sie entweder den gesamten Fahrpreis oder den Preis für die ausgefallene Teilstrecke zurück.

Was passiert, wenn ich mit dem Fernbus einen Unfall habe?

Bei einem Bus-Unfall auf einer Fernreise haben Sie Anspruch auf Entschädigung für Verletzungen und beschädigtes Gepäck. Darüber hinaus stehen Ihnen auch eine Unterkunft sowie die Weiterbeförderung zu dieser, Nahrung und Kleidung zu.

Habe ich bei einem verspäteten Flug Anspruch auf Entschädigung?

Nicht immer. Verspätet sich der Flug beispielsweise wegen eines Unwetters, müssen Sie nicht entschädigt werden. Mehr dazu erfahren Sie hier.

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Über den Autor

Autor
Vitali U.

Vitali ist seit 2016 Redakteur auf bussgeld-info.de. Seine Karriere begann er nach dem Abschluss seines Studiums der Rechtswissenschaften an einer renommierten Universität in Deutschland. Seitdem hat er sich auf das Thema Verkehrsrecht spezialisiert und sein Wissen durch eine einschlägige Ausbildung vertieft.

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