Fahrverbot: Gibt es Ausnahmen in Einzelfällen?

Von Vitali U.

Letzte Aktualisierung am: 5. März 2024

Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten

Fahrverbot: Wann können Ausnahmen gemacht werden?
Fahrverbot: Wann können Ausnahmen gemacht werden?

Wenn heute jemand das Thema Fahrverbote anschneidet, kann es sich um zweierlei handeln: entweder um das Sanktionsmittel bei Verkehrsordnungswidrigkeiten oder das Diesel-Fahrverbot, das einzelnen Städten droht bzw. vielerorts schon eingeführt wurde.

Wir möchten in diesem Ratgeber auf beides eingehen und zunächst erläutern, ob bei einem Fahrverbot bestimmte Ausnahmen oder Härtefälle geltend gemacht werden können, die dazu führen, dass der Betroffene den Führerschein behalten darf. Anschließend möchten wir die Ausnahmen vom Diesel-Fahrverbot betrachten.

Wann können beim Fahrverbot Ausnahmen geltend gemacht werden und welche Argumente gibt es, das Fahrverbot zu umgehen? Welche Fahrzeuge erhalten eine Sondergenehmigung und dürfen trotz Diesel-Fahrverbot in die Verbotszonen fahren? Lesen Sie die Antworten im Folgenden.

Wann können beim Fahrverbot Ausnahmen geltend gemacht werden?

Fahrverbot ohne Ausnahme: der Arbeitsweg alleine ist meist kein Argument.
Fahrverbot ohne Ausnahme – der Arbeitsweg alleine ist meist kein Argument.

Eine einheitliche gesetzliche Regelung oder gar eine Liste für das Fahrverbot betreffende Ausnahmen gibt es nicht. Vielmehr muss im Einzelfall immer ein Gericht entscheiden, ob vom Fahrverbot abgesehen oder dieses in ein höheres Bußgeld umgewandelt werden kann.

Dabei geht es vorwiegend um das Fahrverbot nach § 25 Straßenverkehrsgesetz (StVG), welches bei Verkehrsordnungswidrigkeiten verhängt wird, die auf eine beharrliche und grobe Pflichtverletzung des Kfz-Führers zurückzuführen sind. Ob ausnahmsweise von einem Fahrverbot abgesehen werden kann, muss im Einzelfall immer genau geprüft werden. Folgende Gründe können unter Umständen beim Fahrverbot zu Ausnahmen führen:

  • Berufliche/wirtschaftliche Existenz: Nur wenn nachweislich die wirtschaftliche Existenz in unzumutbarer Weise auf der Kippe steht, kann von einem Fahrverbot abgesehen werden. Das Auto für den Arbeitsweg zu benötigen, ist hier kein durchschlagendes Argument. Selbst wenn der Verlust des Arbeitsplatzes droht, wird im Einzelfall geprüft, ob der Betroffene dies durch alternative (und zumutbare) Mittel verhindern kann (z. B. für die Dauer des Fahrverbots Urlaub nehmen oder eine Unterkunft in der Nähe des Arbeitsplatzes anmieten).
  • Verbotsirrtum: Ein Verkehrsschild übersehen oder verwechselt zu haben, ist normalerweise ebenfalls kein überzeugendes Argument. Waren jedoch mehrere Zusatz- oder Vorschriftszeichen übereinander zu sehen und ordnete der Autofahrer Zusatz- und Vorschriftszeichen falsch zu, liegt unter Umständen ein vermeidbarer Verbotsirrtum vor. In solchen Fällen kann ggf. eine Ausnahme vom Fahrverbot gemacht werden.
  • Augenblicksversagen: Ein Beispiel für Augenblicksversagen ist das Überfahren einer roten Ampel, weil der Vordermann zu früh losfuhr und der Betroffene diesem automatisch folgte, ohne sich der roten Ampel bewusst zu sein. Je nach Fall spielt auch die Haltung des Betroffenen eine Rolle. Ein Fahrverbot kommt z. B. nur infrage, wenn der Verkehrssünder besonders verantwortungslos handelt (charakterliche Mängel). Handelt es sich um einen Autofahrer, der sonst ein regelkonformes Fahrverhalten an den Tag legt, kann unter Umständen vom Fahrverbot abgesehen werden. 
Laut § 4 Abs. 4 der Bußgeldkatalog-Verordnung (BKatV) muss immer dann, wenn vom Fahrverbot abgesehen wird, ein entsprechend höheres Bußgeld festgesetzt werden.

Nicht nur beim Fahrverbot: Ausnahmen vom (vorläufigen) Fahrerlaubnisentzug

Für bestimmte Fahrzeugarten können Ausnahmen vom Fahrverbot gemacht werden. Z. B. Kfz der Landwirtschaft.
Für bestimmte Fahrzeugarten können Ausnahmen vom Fahrverbot gemacht werden, z. B. Kfz der Landwirtschaft.

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, einem Verkehrssünder den Führerschein abzunehmen. Neben dem Fahrverbot nach § 25 StVG (Fahrverbot in Bußgeldsachen) sind noch das Fahrverbot gem. § 44 Strafgesetzbuch (StGB) (Fahrverbot in Strafsachen) sowie die Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 69 Strafgesetzbuch – StGB) zu nennen, die auch vorläufig (§ 111a Strafprozessordnung –StPO) durchgesetzt werden kann. Die Unterschiede haben wir unten noch genauer für Sie erläutert.

Sowohl beim Fahrerlaubnisentzug als auch beim Fahrverbot können Ausnahmen für bestimmte Fahrzeugarten gemacht werden. Ein typisches Beispiel sind Fahrzeuge, für die ein Führerschein der Klasse T oder L benötigt wird (z. B. landwirtschaftliche Zugmaschinen). Für Busse und Lkw wird grundsätzlich keine Ausnahme gemacht.

Es entscheidet immer ein Gericht, ob eine mit dem Fahrerlaubnisentzug oder Fahrverbot vereinbare Ausnahme (Kfz der Landwirtschaft beispielsweise) angebracht ist. Wiederholungstäter oder Verkehrssünder, die erhebliche charakterliche Mängel aufweisen (z. B. eine Tendenz sehr häufig gegen die Verkehrsregeln zu verstoßen), haben geringe Chancen auf solche Ausnahmeregelungen.

Zum besseren Verständnis, hier noch einmal die Unterschiede der Fahrverbote und des Fahrerlaubnisentzugs im Überblick:

 

  • Fahrverbot nach § 25 StVG: Ein bis drei Monate bei bestimmten Verkehrsordnungswidrigkeiten; Wiedererhalt des Führerscheins nach Ablauf der Frist.
  • Fahrverbot nach § 44 StGB: Ein bis sechs Monate bei Strafsachen (auch solchen, die nichts mit dem Straßenverkehr zu tun haben); Wiedererhalt des Führerscheins nach Ablauf der Frist.
  • Fahrerlaubnisentzug nach § 69 StGB: Sperre von sechs Monaten bis fünf Jahre; Keine Fahrerlaubnis mehr vorhanden; Wiedererteilung der Fahrerlaubnis meist an Bedingungen geknüpft (z. B. medizinisch-psychologische Untersuchung).

Auch beim Diesel-Fahrverbot kann eine Ausnahmegenehmigungen erteilt werden

Es gibt auch Ausnahmen vom Diesel-Fahrverbot (z. B. Einsatzfahrzeuge).
Es gibt auch Ausnahmen vom Diesel-Fahrverbot (z. B. Einsatzfahrzeuge).

In vielen deutschen Städten wurden bereits Diesel-Fahrverbote eingerichtet. Sie zielen darauf ab, den Ausstoß von Stickoxiden in den Ballungsgebieten zu reduzieren.

Allein in Stuttgart sind mehrere tausend Autos davon betroffen. Vor allem Anwohner, Gewerbebetreiber und Kommunen fragen sich nun, ob wirklich jedes Auto mit Dieselmotor betroffen ist.

Diesbezüglich hat sich der Bundestag auf eine Reihe allgemeiner Ausnahmeregelungen geeinigt. So dürfen z. B. nachgerüstete Kfz des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV), der kommunalen Flotte (z. B. Feuerwehr) und des Liefer- und Handwerksverkehrs sowie Diesel-Fahrzeuge der Schadstoffklasse Euro 6 in die Fahrverbotszonen einfahren.

In § 40 Abs. 3 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) werden die jeweiligen Bundesländer dazu ermächtigt, selbst Regelungen zum Diesel-Fahrverbot bzw. Ausnahmen diesbezüglich festzulegen. So können z. B. Pflegedienste, Gewerbebetreiber und Anwohner eine Ausnahmegenehmigung beantragen.

FAQ zum Thema Ausnahmen vom Fahrverbot

Kann ausnahmsweise von einem Fahrverbot abgesehen werden?

In der Regel ist es sehr schwer, ein Fahrverbot zu umgehen. In seltenen Fällen können Betroffene einen Härtefall geltend machen, z. B. wenn die berufliche Existenz nachweislich gefährdet ist.

Können bei Fahrverbot und Fahrerlaubnisentzug Ausnahmen für bestimmte Fahrzeugarten eingeräumt werden?

Grundsätzlich hat das Gericht die Möglichkeit, für bestimmte Fahrzeugarten eine Ausnahme zu erteilen. Meist betrifft das Fahrzeuge der Führerscheinklassen T und L, nicht jedoch Busse und Lkw.

Gibt es Ausnahmen von Diesel-Fahrverboten?

Ja, in erster Linie für nachgerüstete private und kommunale Kfz (z. B. Müllabfuhr). Die Bundesländer können selbst eigene Ausnahmen festsetzen (z. B. für Anwohner, Pflegedienste und Gewerbebetreiber).

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Über den Autor

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Vitali U.

Vitali ist seit 2016 Redakteur auf bussgeld-info.de. Seine Karriere begann er nach dem Abschluss seines Studiums der Rechtswissenschaften an einer renommierten Universität in Deutschland. Seitdem hat er sich auf das Thema Verkehrsrecht spezialisiert und sein Wissen durch eine einschlägige Ausbildung vertieft.

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